Im April 1968 kam Kubricks ”2001 – A Space Odyssee” ins Kino und wies dem Filmgenre eine neue Richtung. Das Filmmuseum Frankfurt widmet dem Film ab März eine Ausstellung (http://2001.deutsches-filmmuseum.de), die bis zum 23.09.2018 laufen wird.
Ich schätze den Film sehr! Er erschließt sich allerdings nicht direkt. Dagegen ist die Romanvorlage von Arthur C. Clarke ein sehr viel verständlicheres Werk. Ich denke oft, Rubrick wird heutzutage nicht nur die Umsetzung des Films nachgesagt, sondern die Entwicklung des ganzen Stoffs. Das hat er allerdings zusammen mit Arthur C. Clarke getan, der den Stoff später in einer vierteiligen Romanserie weiterentwickelte.
2001: Odyssee im Weltraum
Odyssee 2010 – Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen
2061 – Odyssee III
3001 – Die letzte Odyssee.
Der Roman erläutert viele Elemente des Films sehr viel besser. So ist sofort klar, wozu der Monolith dient. Er ist im Buch nicht nur eine Art Symbol der Erkenntnis, sondern ein proaktives Stück Technik, das die Urmenschen ganz schön durch die Mangel dreht, um ihnen Erkenntnis möglich zu machen.
Einer der Besonderheiten des Films war der Versuch, während der Produktion Mitte der 1960ern Firmen aufzufordern, ihre Produkte so zu designen, dass sie für das Jahr 2001 gedacht werden können. Die Ergebnisse wurden verwendet und Kubrick räumt dem Film Zeit ein, Möbel, Kommunikation oder Essen als Zukunftsentwurf zu zeigen.
Und hier wird es literarisch interessant, denn der Roman von Arthur C. Clarke ist 1968 durch den Film entstanden und hat das Prinzip noch einmal vertieft. Auch er hat über die Technologie im Jahre 2001 geschrieben und Entwürfe gewagt, vielleicht viele Ideen aus der Filmproduktion, die nicht umgesetzt wurdne, dokumentiert. Manches war zu optimistisch, aber ich möchte einen Textauszug vorstellen, der aus der Perspektive von 1968 bemerkenswert erscheint, weil er prophetisch die Situation unserer Nachrichtenkommunikation vorausnimmt. Im Film ist das hier vorgestellte Konzept auf der ”Discovery”, dem Raumschiff auf dem Weg zum Jupiter, dargestellt. Die Piloten essen und schauen auf Ipad-ähnlichen Schirmen Nachrichten.
Im Kapitel ”Der Mondbus” wird die Reise in einem Shuttle zum Mond beschrieben:
(…) Obwohl er auf seinem Sitz blieb und las, gab es doch viele Möglichkeiten, die Zeit totzuschlagen. Wenn er von den offiziellen Berichten und Memoranden genug hatte, steckte er den Kontakt des Nachrichtenschirms in die Steckdose, die ihn mit dem Informationsstromkreis des Schiffes verband. Nacheinander konnte er jetzt die wichtigsten elektronischen Zeitungen der Welt Revue passieren lassen; er kannte die Kodes von denen, die er zu lesen pflegte, auswendig und hatte es nicht nötig, die Liste zu Rate zu ziehen, die sich auf der Rückseite des Schirms befand. Erst überflog er die Titelseiten, auf denen sämtliche im Innern enthaltenen Artikel in Form von Schlagzeilen vermerkt waren, und notierte die, welche ihn interessierten. Jeder Artikel hatte eine zweistellige Referenznummer, und wenn er diese beiden Ziffern auf einer Tastatur drückte, erschien er auf dem Schirm als briefmarkengroßes Rechteck, das sich schnell vergrößerte, bis er die gesamte Fläche ausfüllt und sich bequem lesen ließ. Wenn er den Artikel beendet hatte, stellte er wieder eine Titelseite ein und wählte ein neues Thema zur sorgfältigen Lektüre.
Manchmal fragte sich Floyd, ob dieser Apparat mit seiner phantasievollen Technik die letzte menschliche Errungenschaft auf dem Gebiet der Nachrichtenübermittlung sei. Er befand sich im Weltraum und entfernte sich mit einer Geschwindigkeit von Tausenden Stundenkilometern von der Erde. Doch in Bruchteilen von Sekunden konnte er jeden belieben Zeitungsartikel lesen. Der Text wurde von Stunde zu Stunde ausgewechselt, und selbst wenn einer nur Englisch verstand, konnte er sein ganzes Leben lang damit verbringen, den ständigen Informationsstrom der Nachrichtensatelliten zu verfolgen.
Man konnte sich nur schwer vorstellen, daß das System verbessert werden könnte. Aber früher oder später, meinte er, würde es trotz allem veraltet sein und durch etwas Neues und so Unvorstellbares ersetzt werden, wie dieser Nachrichtenschirm dem alten Gutenberg erschienen wäre.
Das Lesen der winzigen elektronischen Schlagzeilen ließ noch einen anderen Gedanken in ihm wach werden. Je wunderbarer die Kommunikationsmittel wurden, um so banaler der von ihnen übermittelte Inhalt. Unfälle, Verbrechen, Naturkatastrophen, Kriegsgefahr und pessimistische Leitartikel schienen immer noch der Hauptinhalt der Millionen Wörter zu sein, die in den Äther gesendet wurden. Aber er fragte sich auch, ob das zu verwerfen war. Die Zeitungen idealer Welten, fand er, müßten entsetzlich langweilig sein. (…)
Das Beste, Stuttgart 1988 (Ausgabe zusammen mit Ray Bradbury: Fahrenheit 451)