Stefan Zweig: Amok

Es gibt zum dritten Advent sicherlich besinnlichere Texte, aber ein Zufall spülte die 80 Seiten von Stefan Zweig in meine Hände. Eine Novelle um das Geheimnis eines namenlosen Tropenarztes, den der Erzähler in der Nacht im Bug eines Passagierschiffes von Indien nach Italien trifft.

Der Begriff „Amok“ war in den 20er Jahren noch anders in Verwendung als heute, doch beschreibt er auch damals den plötzlichen, scheinbar unerklärlichen Lauf wahnsinnig gewordener Männer. Nur von ihrem Zusammenbruch oder durch einen Schuss können sie gestoppt werden. Der Tropenarzt, der whiskeytrinkend im Dunkel der Nacht seine Geschichte von Schuld, Leidenschaft und Verstrickung erzählt, hatte das Phänomen bei den Einheimischen untersucht, ohne jemals zu ahnen, diesem Zustand jemals selbst so nahe zu kommen, dass sein Leben zerbricht.
Für alle, die einmal mehr von Stefan Zweig lesen möchten als seine berühmte – weil größtenteils schulpflichtige – Schachnovelle, sei ein Blick in diesen eindringlichen, spannungsgeladenen Text empfohlen. Schon allein der wunderbaren Sätze wegen, von dem sich mir dieser eingeprägt hat:

Endlich kam ich, über Taue stolpernd und vorbei an den eisernen Gewinden bis an den Kiel und sah hinab, wie der Bug in das Schwarze stieß und geschmolzenes Mondlicht schäumend zu beiden Seiten der Schneide aussprühte.

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