Literaturkreis vom Dezember 16

In kleiner Runde konnten wir Karin Köster zur Veröffentlichung ihres neuen Buches „Film ab für die Liebe“ gratulieren und haben uns den Weg der Buchentstehung bis zum Cover erzählen lassen. Schreiben bleibt immer ein kleines Abenteuer für sich. Das E-Book ist bei Amazon für den Kindle erhältlich. Und wir glauben, es ist toll geworden!
Meine wunderschöne Leseerfahrung vom November „Cox oder der Lauf der Zeit“ habe ich nach Worten ringend vorgestellt und ich möchte dem Buch noch einen eigenen Beitrag hier im blog widmen. Schon jetzt empfehle ich zu prüfen, ob es nicht ein fantastisches Weihnachtsgeschenk für Leseratten sein könnte.
Warum mir gerade eine so reiche Anzahl österreichischer Schriftsteller zufällt und in ihren Bann nimmt, das konnte der Kreis auch nicht beantworten und ich gehe weiter von einen seltsamen Zufall aus. Heimito von Doderer, dessen 50. Todestag in diesem Jahr zu bedauern ist, und Stefan Zweig bilden zusammen mit Ransmayers „Cox“ die mich begleitende Autoren in dieser Zeit. Und alle sind faszinierend.
Ansonsten gaben wir einmal mehr der Frage Raum, wie biographische Erzählungen entstehen, welche Bedeutung sie für die Autoren haben, welche für einen möglichen Markt und tauschten uns über die Ödnis des Winters besiegende Fernsehserien aus, die zumindest mir einen tröstlichen Übergang bis in den Frühling versprechen.
Einmal sind wir alle, die schon einmal am Literaturkreis dabei waren, durchgegangen und hoffen, sie kommen wieder.
Die nächste Gelegenheit ist der 10.01.17 bei Joanna zur gewohnten Stunde um 19 Uhr.

Stefan Zweig: Amok

Es gibt zum dritten Advent sicherlich besinnlichere Texte, aber ein Zufall spülte die 80 Seiten von Stefan Zweig in meine Hände. Eine Novelle um das Geheimnis eines namenlosen Tropenarztes, den der Erzähler in der Nacht im Bug eines Passagierschiffes von Indien nach Italien trifft.

Der Begriff „Amok“ war in den 20er Jahren noch anders in Verwendung als heute, doch beschreibt er auch damals den plötzlichen, scheinbar unerklärlichen Lauf wahnsinnig gewordener Männer. Nur von ihrem Zusammenbruch oder durch einen Schuss können sie gestoppt werden. Der Tropenarzt, der whiskeytrinkend im Dunkel der Nacht seine Geschichte von Schuld, Leidenschaft und Verstrickung erzählt, hatte das Phänomen bei den Einheimischen untersucht, ohne jemals zu ahnen, diesem Zustand jemals selbst so nahe zu kommen, dass sein Leben zerbricht.
Für alle, die einmal mehr von Stefan Zweig lesen möchten als seine berühmte – weil größtenteils schulpflichtige – Schachnovelle, sei ein Blick in diesen eindringlichen, spannungsgeladenen Text empfohlen. Schon allein der wunderbaren Sätze wegen, von dem sich mir dieser eingeprägt hat:

Endlich kam ich, über Taue stolpernd und vorbei an den eisernen Gewinden bis an den Kiel und sah hinab, wie der Bug in das Schwarze stieß und geschmolzenes Mondlicht schäumend zu beiden Seiten der Schneide aussprühte.

Pfeifenberger verspätet sich

Ich könnte darauf verweisen, dass der Text auch eine Bahnfahrt Pfeifenbergers beschreibt und daher es medial richtig gesetzt wäre, ihn verspätet zu veröffentlichen. Aber das bietet wenig Trost. Der Text ist rechtzeitig fertig geworden, braucht aber etwas, bis er für eine Veröffentlichung umgesetzt werden kann. Die Verzögerungen werden hoffentlich nur wenige Tage andauern, darin ist die Bahn sicherlich besser. Ansonsten freue ich mich über die kleine Novelle, in der ich ganz gezielt eine Entwicklungslinie ausbuchstabieren durfte, wenn auch nur ein  Tag – streng genommen ein halber Tag – im Leben von Markus Pfeifenberger beschrieben wird. Ein Tag, der trotz dramatischer Ereignisse im Vorfeld dieses Mittwochs entscheidende Veränderungen im Leben des Protagonisten bringt. Manche Katastrophen und ihre Wirkungen erreichen den Menschen halt mit Verzögerung.

Weide 3

Zu meinem grossen Glück hat sich gegenüber meiner Dienststelle in Bremen ein Künstlerstudio eingerichtet. Jörn Schipper ist dort engagiert, das Filmbüro Bremen ebenso. Gestern gab es den ersten Zugang mit einer Fotoausstellung von Tilman Lochmüller. Hier ein erklärender Text aus der Ankündigung:
Slow Shutter in der Weide 3
Akt-Fotografie. Schwarzweiß. Analog. Kein High Definition.
Slow Shutter (langsamer Auslöser) ist nicht nur Fotografie mit langer Belichtungszeit, es ist langsame Fotografie. Slow Shutter lässt Bewegung nicht erfrieren in den Millisekunden-Bruchteilen der digitalen High-Definition-Fotografie. Diese Bilder lassen ihren Motiven Zeit für Bewegung, Zeit zum Atmen, sind nicht atemlos. Sie sind spontan, nicht reguliert, nicht angepasst, zuweilen experimental, nicht geplant. Zeigen Frauen in ihrer Stärke und Verletzbarkeit. In ihrer Wahrhaftigkeit.
Ich kann von einem anregenden Gespräch mit Tilman berichten über Nähe und Distanz des Fotografen zum Motiv und die Unterschiede zwischen analoger und digitaler Fotografie. Vielen Dank dafür! Es sind mehr Aktionen zum Thema Grenzen, und damit genreübergreifender Kunst geplant. Schaut in facebook unter Weide 3!